Loks rasen weiter aufeinander zu

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Gewerbegebiet Süd – Edgar Reiners (SPD) sieht Klärungsbedarf

HEPPENHEIM. Die Möglichkeit, dass „Tchibo-Logistik“, das auf den geplanten Umzug nach Bensheim nach Streit mit den Verantwortlichen der Nachbarstadt verzichtet, ein Areal auf dem neuen Gewerbegebiet Süd angeboten werden könnte (wir haben berichtet), lässt auch die Diskussion über die Bedingungen für das Gewerbegebiet neu aufleben. Edgar Reiners, Fraktionsgeschäftsführer der SPD, hat sich am Wochenende mit folgender Stellungnahme zu Wort gemeldet:
Das neue Gewerbegebiet Süd ist durch die Möglichkeit, der Firma Tchibo, die eigentlich schon auf dem Weg nach Bensheim war, ein genügend großes Areal anbieten zu können, sogar nun im „Sommerloch“ wieder in die Schlagzeilen geraten. Dabei ist leider noch gar nicht geklärt, wie es mit den Festsetzungen im Bebauungsplan letztendlich ausgehen wir. Noch immer rasen hier – wie ich es schon in der Debatte im Stadtparlament formulierte – zwei Loks mit Volldampf aufeinander zu.
Leider ist das eventuelle Unglück auch nicht durch ein irgendwie geartetes Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion zu verhindern gewesen, weder inhaltlich noch von den Mehrheitsverhältnissen her. Denn die wohl entscheidendste Frage, die auch durch eine politische Abstimmung der Stadtverordneten nicht zu beantworten ist, sondern wahrscheinlich erst durch ein zuständiges Verwaltungsgericht, dürfte sein, ob es sich beim angrenzenden Wohngebiet an der nördlichen Frankfurter Straße planungsrechtlich um ein sogenanntes „reines Wohngebiet“ handelt oder nicht. So war es nämlich zum Zeitpunkt der Bebauung mal ausgewiesen und natürlich hatten sich die Anwohner danach zu richten. Nun gehört aber auch dieses Gebiet mit seinem früheren Bebauungsplan zu einer Reihe von Bebauungsplänen der Stadt Heppenheim, die durch einen gravierenden Fehler bei der Veröffentlichung gar nicht richtig Rechtskraft erlangt haben, was Jahre später durch den vormaligen Ersten Stadtrat Reiter (CDU) aufgedeckt wurde. Und so argumentiert die Stadtverwaltung im vorliegenden Fall, dass eigentlich von einem „reinen Wohngebiet“ keine Rede sein kann, sondern dass es sich doch höchstens um ein „allgemeines Wohngebiet“ handelt. Und die Folge dieser Interpretation wäre, dass die Lärmimmissionen durch das neue Gewerbegebiet für die dort lebenden Anwohner nicht zu laut wären, was sie bei einem „reinen Wohngebiet“ wohl sind.
Wer meint, eine solche Frage durch Abstimmung im Stadtparlament entscheiden zu können, der schätzt ein solches Parlament einfach falsch ein. So etwas ist leider der klassische Fall für eine gerichtliche Lösung, wenn es nicht durch einen anderweitigen Vergleich der Kontrahenten geht. Trotzdem fehlt es nicht an der pikanten Heppenheimer Note: Es ist nämlich nicht durchgehend Meinung der Stadtverwaltung, dass die in der Luft hängenden Bebauungspläne eigentlich keine Bindungswirkung mehr habe. In anderen Fällen wurde in der Vergangenheit gegenüber Bewohnern von solchen Gebieten zum Beispiel Verbote ausgesprochen, die mit den Festsetzungen in den alten Bebauungsplänen begründet wurden. Begründet wurde es damit, dass der Veröffentlichungsfehler ja mit den eigentlichen Inhalten der betroffenen Bebauungspläne nichts zu tun hätte. Da erhebt sich doch die Frage, ob in solchen Fragen in der Stadt nicht mit zweierlei Maß gemessen wird, je nachdem, ob es der Verwaltung für opportun erscheint. Und diese Ungleichbehandlung wäre tatsächlich die politische Diskussion wert.
Die Stadtverordneten müssten auf Grundlage einer Liste der in der Luft hängenden Bebauungspläne entscheiden können, ob man hier ganz bewusst in Zukunft eine sog. 34er-Bebauung (angepasst an die Nachbarschaft) ohne weitere Auflagen zulässt oder sich ebenfalls bewusst zu einer Erneuerung der Bebauungspläne entschließt. Der jetzige Zustand öffnet nur der willkürlichen Interpretation Tür und Tor und führt zu solchen Situationen, wie wir sie jetzt am Gewerbegebiet Süd finden.                      e